Die Destillation von Schnaps

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Traubenmaische gärt nicht

Jürgen Gechter am 23.10.2007 08:25:39 | Region: Nürnberg
Hallo,
Ich habe 1x 12 liter und einmal 7 liter Traubenmaische hergestellt. Dabei bin ich wie im Buch beschrieben vorgegangen: Früchte waschen, vom Stiel trennen, zerstampfen, in ein Fass gefüllt, je eineinhalb gehäuften Teelöffel Turbohefe dazu, Zucker nach berechneter Menge dazu, pH-Wert gemessen, war bei 3,0 also kein Biogen dazu. Zugeschraubt, Spund drauf, in ein Zimmer mit konstant 17,5 Grad gestellt.
Seitdem tut sich nichts, der Gärprozess beginnt nicht. Kann es sein, dass es am fehlenden Verflüssiger liegt? Die Maische war schon sehr dickflüssig. Oder sollte ich einen Gärstarter basteln? Weiß jemand einen Rat?
Vielen Dank und beste Grüße aus der Frankenmetropole!

RE: Traubenmaische gärt nicht

Gerd am 23.10.2007 10:49:56 | Region: Ostfriesland
Moin Jürgen!

Der Ansatz Deiner Maische ist so in Ordnung. Am fehlenden Verflüssiger liegt es sicher nicht. In Italien z.B. gärt sogar Traubentrester, der die Konsistenz eines Komposthaufens hat.

Nur hast Du m.E. viel zu wenig Hefe zugegeben. Wie kommst du auf 1 1/2 TL (ca 3 g)? Für Turbohefen (also Hefe mit Nährsalz), die ich kenne, werden 30 g pro 25 l Maische vorgeschrieben.

Du schreibst nicht, wann Du die Maische angesetzt hast. Auch bei richtiger Hefedosierung kann es schon 24 bis 48 h bis zum sichtbaren Gärbeginn dauern, zumal Deine Maische mit 17,5° eher kühl steht.

Damit sich nicht Wildhefen Deiner Maische bemächtigen, schlage ich einen Gärstarter vor. Nimm 1/2 l Traubensaft, gib einen EL Zucker und ein Päckchen Hefe dazu und stelle das Ganze warm (20 - 22°). Nach 24 h, wenn es schön schäumt, verteilst Du den Starter auf die Maischen.

Mit freundlichen Brennergrüßen aus Ostfriesland

Gerd

RE: Traubenmaische gärt nicht

Gerd am 23.10.2007 12:17:45 | Region: Ostfriesland
Moin Jürgen!

Ich nochmal.

Ein Grund für nicht oder spät einsetzende Gärung könnte die Zuckerzugabe "nach berechneter Menge" sein. Wenn Du einen Endalkoholgehalt von 18% anpeilst, brauchst Du etwa 360 g Zucker pro l Maische.

Da Trauben je nach Reife schon viel Fruchtzucker enthalten, musst Du noch etwa 180 g zugeben, also 2100 g bzw. 1200 g je Maische. Die darfst Du aber nicht in einer Gabe hinzufügen, sondern in drei Portionen im Abstand von 5-8 Tagen, da die Turbohefe für Obstmaischen nicht resistent gegen hohe Zuckerkonzentrationen ist.

Solltest Du den Zucker auf einmal zugegeben haben, würde ich noch einige Tage warten. Wenn dann noch nichts passiert, mit Traubensaft verdünnen und mit Gärstarter erneut probieren.

Mit freundlichen Brennergrüßen aus Ostfriesland

Gerd

RE: Traubenmaische gärt nicht

Jürgen Gechter am 23.10.2007 13:54:26 | Region: Nürnberg
Hallo Gerd,

vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Wie komme ich auf 1,5 Teelöffel? Ganz einfach: Auf dem Zettel, der der Lieferung beilag stand, dass das Päckchen Turbohefe für 100 Liter ausreicht, für kleinere Mengen sollten mindetens ein Teelöffel beigefügt werden. Ich hatte mich über diese ungenaue Angabe auch bereits gewundert. Und habe diese sogar überschritten. (115g: 100 liter x 20 Liter ergibt 23 Gramm). Wenn zuviel nichts ausmacht, würde ich noch welche nachgeben?

Ich hab die Maische am Sonntag abend um 20 Uhr fertiggemacht.

In der Beschreibung und im Buch steht, dass man die Temperatur zwischen 15 und 19 Grad halten sollte. Ich war richtig stolz genau die Mitte getroffen zu haben. Soll ich die Temperatur erhöhen?

Für den Gärstarter: Welche Hefe soll ich nehmen: Turbo oder normale. Ich hab auch noch ein Päckchen Gärfix. Kann ich damit was anfangen?

Zum Zucker: Ich peile etwas über 20% an und habe deshalb 3kg bzw 2,1 Kg Zucker berechnet. Je ein Drittel habe ich der Maische zugegeben. Das sollte dann in etwa passen.

Hoffentlich missbrauche ich deine Auskunftsbereitschaft nicht zu sehr, aber vielleicht merkt man ein bisschen, dass ich blutiger Anfänger bin...

Grüße
Jürgen

RE: Traubenmaische gärt nicht

Gerd am 23.10.2007 15:11:17 | Region: Ostfriesland
Moin Jürgen!

Ganz klar: Zu wenig Hefe!

Nach jetzt fast 48 h sollte die Gärung in Gang gekommen sein. Miss mal die Menge der Hefe in Esslöffeln, dann gib ein Viertel oder etwas mehr davon in die Maische. Zuviel schadet nicht. Die Hefe solltest Du vorher gut mischen, damit Hefe und Nährsalze nicht getrennt werden und im falschen Verhältnis in die Maische gelangen.

Noch kannst Du Hefe zugeben, da noch kein Alkohol entstanden ist. Wenn die Gärung schon in Gang war, aus irgendwelchen Gründen aber stecken geblieben ist, musst Du den Gärstarter anwenden.

@In der Beschreibung und im Buch steht, dass man die Temperatur zwischen 15 und 19 Grad halten sollte. ... Soll ich die Temperatur erhöhen?

Temperatur ist in Ordnung. Niedrige Temperatur verlängert zwar die Gärdauer (ca. 2 Monate), erhöht aber die Aromaausbeute.

Nimm die Turbohefe. Mit Gärfix habe ich keine Erfahrungen und kann nichts dazu sagen.

@aber vielleicht merkt man ein bisschen, dass ich blutiger Anfänger bin...

Das waren wir alle mal...

Mit freundlichen Brennergrüßen aus Ostfriesland

Gerd

RE: Traubenmaische gärt nicht

Jürgen Gechter am 24.10.2007 09:59:26 | Region: Nürnberg
Hallo,

habe gestern die Temperatur auf 20 Grad erhöht, und seit dem Abend blubbert es vor sich hin. Scheint also doch geklappt zu haben.

Ich beobachte das Ganze mit Argusaugen...

Danke für die Hilfe und die moralische Unterstützung.

Gruß
Jürgen

RE: Traubenmaische gärt nicht

baerbeli am 25.10.2007 12:34:02 | Region: NRW
Lieber Jürgen,

gären tut´s immer!! Als die Vorzeitmenschen den Saft aus Früchten in ihren Tongefäßen stehenließen und ihn dann, nachdem er 8 Tage in der Sonne gestanden hatte, tranken, wurde der Federweißer erfunden. Woraus sich nach längerem Stehen so etwas wie Wein entwickelte. Genauso macht man es übrigens noch in Teilen Ungarns und Bulgariens sowie weiter gen Osten zu. Nur daß man die Tongefäße im Boden hat.Also: Das ist keine Wissenschaft, sondern schlichtes Handwerk. Der eigentliche Spaß an der Sache ist das Experimentieren. Nur Krämerseelen halten sich immer an Rezepte, der kreative Mensch bildet sich ein wenig in den Büchern, erfindet dann, bastelt und hat vor allem Geduld, denn es gärt eigentlich immer. Wenn der Clemens Busch in Pünderich an der Mosel seine in der Fachwelt hochgelobten und sehr teuren edelsüßen Rieslinge macht, macht er nichts anderes als du: Er preßt die Trauben aus, füllt den Saft in ein Faß - und wartet, denn der Saft soll mit den Hefen vergären , die im Keller herumschwirren.Nix mit Hefezugabe! Und er wartet manchmal sehr lange.... . Nur Mut, kleiner Muck, das wird wahrscheinlich der beste Wein deines Lebens. Viel Erfolg weiterhin
der Hans von dem baerbeli

RE: Traubenmaische gärt nicht

Jürgen am 29.10.2007 10:54:31 | Region: Nürnberg
Lieber Hans,

danke für deine klare, unverblümte Meinung. Das gibt mir schon den Mut weiterzumachen. Als Anfänger ist man sich mit nichts sicher und schon gar nicht gelassen, weil der erste Versuch einfach klappen MUSS. Man will nix falsch machen. Später sieht man es gelassen und fängt an zu experimentieren, das sehe ich genauso. Aber wie mit dem Autofahren: Niemand ist in der Fahrschule so cool, wie wenn er mal 10 Jahre gefahren ist...
Also nochmal danke für den zugesprochenen Mut!!!

Grüße
Jürgen

RE: Gären tut's immer!

Gerd am 29.10.2007 10:54:46 | Region: Ostfriesland
Lieber Hans von dem baerbeli!

@ gären tut´s immer!!

Da hast Du Recht! Jedenfalls fast immer. Da wir aber keine Vorzeitmenschen (mehr)oder (noch nicht) Mitbürger von der Parkbank sind, denen es mehr oder weniger egal war und ist, was sie duunt ( wie wir hier im Norden sagen), schon einen gewissen Anspruch an die Qualität unserer Produkte haben, wundert mich Deine Zuschrift.

Ich war mehrfach bei den Buschmännern in der Kalahari und konnte die dortigen Trinksitten beobachten: Man schüttet eine Tüte einer Art Backpulver in brackiges Wasser,gibt Unmengen von Zucker dazu, wartet geduldig 5 Tage bei 35° in der Sonne, lässt Keime, die dort „herumschwirren“, auf das Gebräu wirken und erhält ein furchtbar stinkendes und schmeckendes „Weinchen“, das unheimlich reinhaut (duunt). Buschmänner, die für ihre Friedfertigkeit bekannt sind, finden es eine halbe Stunde nach reichlichem Genuss dieses Getränks durchaus normal, sich gegenseitig Schraubenzieher in den Kopf zu rammen.

@ Wenn der Clemens Busch in Pünderich an der Mosel seine in der Fachwelt hochgelobten und sehr teuren edelsüßen Rieslinge macht, macht er nichts anderes als du: Er preßt die Trauben aus, füllt den Saft in ein Faß - und wartet, denn der Saft soll mit den Hefen vergären , die im Keller herumschwirren.Nix mit Hefezugabe!

Die besagten Edelhefen mögen bei Clemens Busch in Pünderich, bei Antoine in der Champagne oder bei Josef am Main „im Keller herumschwirren“, nicht aber bei Jan aus Den Haag, Jupp aus Gelsenkirchen oder Gerd aus Ostfriesland. Wenn diese aber irgendetwas Kontrollierbares und qualitativ Hochwertiges zu Stande bringen wollen, müssen sie schon auf käufliche Reinzuchthefen zurück greifen.

Meine größten Misserfolge habe ich bisher erlebt, als ich zweimal im Anfall von Bio-Wahn 60 bzw. 120 l Apfelmaische den „herumschwirrenden“ Hefen überlassen habe. 4 % Alkoholausbeute und jede Menge Kamschimmel war das Resultat. Zu probieren, ob’s wenigstens duunt, habe ich mir verkniffen ;-) s.o.

@ Nur Mut, kleiner Muck, das wird wahrscheinlich der beste Wein deines Lebens.

...oder die größte Pleite! (s.o.)

Ich meine , der “kleine Muck“ ist eher auf der richtigen Seite und bleibt uns als Brennernachwuchs erhalten, wenn er sich erst einmal an unsere Ratschläge hält.

@ Also: Das ist keine Wissenschaft, sondern schlichtes Handwerk

Da gebe ich Dir unumwunden Recht. Aber jedes noch so "schlichte" Handwerk will gründlich(!) erlernt sein,

bevor:


@ Nur Krämerseelen halten sich immer an Rezepte, der kreative Mensch bildet sich ein wenig in den Büchern, erfindet dann, bastelt und hat vor allem Geduld, denn es gärt eigentlich immer.

Kommt mir bekannt vor! Schau mal hier:

http://www.schnapsbrennen.at/diskussion/20071017140709-01-01.html#20071017140709-01-01

Punkt 2)


In diesem Sinne freundliche Brennergrüße aus Ostfriesland

Gerd

RE: Gären tut's immer!

baerbeli am 03.11.2007 17:17:01 | Region: NRW
Moin Gerd!!

Du hast natürlich in allen Punkten recht. Ich habe auch mit Arauners Buch angefangen, Wein zu machen. Es sind prächtige Erdbeerweine entstanden, auch Kirschweine vom Feinsten mit herrlichen 15 % Alkohol. Und das dann gebrannt...!
Es ging mir nur darum, unserem Freund Mut zu machen, das scheint ja geklappt zu haben. Misserfolge sind wichtig, man lernt dazu. So habe ich einen herrlichen Wein aus Mirabellen gemacht, obwohl der laut Lehrbuch durchsprittet und kaum Aroma hat. Aber ich hatte in langen Jahren des learning by doing ein paar Tricks herausgefunden, aromatische Weine zu produzieren.
Das ist der Spaß an der Sache: Nach längerer Zeit zum Experten zu reifen.
Übrigens: ich brenne gerade Apfelwein...
Einen freundlichen Gruß sagt
der Hans vom baerbeli
PS: Wenn man den Zucker nicht in brackiges Wasser schüttet, ist der Erfolg schon eher da- man sollte den Fachverstand der ungarischen Tontopfwinzer nicht mit den halbwilden und nach unserer Auffassung ungebildeten Buschmännern vergleichen. Recht geschieht ihnen, wenn sie Kopfschmerzen bekommen.
PS 2: Buschmänner sind nur friedlich zu Touristen.