Die Destillation von Schnaps

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RE: Vorlauf mal anders - Foreshots & Heads
Von: der wo am 17.02.2016 21:18:01 | Region: da wer
Als Ergänzung noch ein paar Sachen:

Foreshots, Heads und Tails haben Doppelbedeutungen:
-Foreshots sind erstens das, was bei einem Feinbrand als erstes kommt, verworfen und auch nicht aufbereitet wird. Zweitens lösungsmittelartige Aromen, welche bei einem guten Schnaps eigentlich nicht vorhanden sein sollten.
-Heads sind erstens der späte Vorlauf, der vom Endprodukt getrennt, aber gesammelt und weiterverarbeitet wird. Zweitens fruchtige Aromen im Grenzbereich von Vorlauf und Mittellauf.
-Tails sind erstens der Nachlauf, der vom Endprodukt getrennt, aber gesammelt und weiterverwendet wird. Zweitens dunkle Aromen im Grenzbereich von Mittellauf und Nachlauf.

Bei jeder Gärung entstehen auch schlecht schmeckende und zT giftige Produkte. Wenn wir mit Schalen vergären zT auch mehr als bei Bier oder Wein.
Bei Brennereien, welche saisonale Früchte brennen, also alle Obstbrenner, wird Vorlauf nach Geschmack (bei Billigprodukten spielt auch das Finanzielle eine Rolle) abgetrennt und Nachlauf nach Kosten-Nutzen-Rechnung gesammelt. Beides wird dann an den Staat verkauft, welcher Neutralalkohol daraus brennt. Im traditionellen Umfeld werden Vor- oder Nachläufe aber oft für die eigene Weiterverwendung im nächsten Jahr gesammelt: Die Vor- und Nachläufe erhöhen nächstes Jahr die % im Kessel, wodurch dann ein Einmalbrennen genügt.
Bei Brennereien, welche das ganze Jahr das gleiche brennen können, weil der Ausgangsstoff haltbar ist (Getreide, Melasse...), werden die Heads und die Tails gesammelt (heißt dann Feints) und in den normalerweise mindestens zweistufigen Prozess (Doppelbrennverfahren) wieder eingeschleust. Weil aber hinten (Rückstand im Kessel) und zumindest beim Feinbrand auch vorne (Foreshots) immer etwas endgültig verworfen wird, ist abgesichert, daß sich manche mehr oder weniger giftigen Stoffe nicht mit der Zeit immer mehr anreichern.
Hier ein paar Schemas von Dreifachdestillationen in Schottland:
http://whiskyscience.blogspot.de/2012/03/triple-distillation-in-scotland.html
Daß das so kompliziert ist, hat vielleicht mehr mit der möglichst effektiven Ausnutzung des Kapitals (also der Brenngeräte und der Arbeitskräfte) zu tun als mit Qualität. Trotzdem, jede Änderung an dem Prozedere hätte merkbare Auswirkungen auf den Geschmack.

Was bei einem "All feints run" am Ende herauskommen würde, ist bei einem so abstrakten Getränk wie Whisky oder Rum nicht grundsätzlich zu sagen. Bei Obstbränden ist sich die Literatur allerdings einig, daß nur zweitklassige Qualität herauskommt.

Wann Foreshots aufhören und Heads beginnen, ist schwer zu beziffern, und ist je nach passivem Reflux der Destille auch bei gleichen % im Kessel sehr unterschiedlich. Letztendlich Geschmacksfrage. Ist aber auch nicht so wichtig, da die Heads ja noch einmal gebrannt werden. Bei einer Refluxanlage hat man die konzentrierten Foreshots bei 77-78°C, die Heads bei etwa 78.0 bis 78.3°C. Wenn man Vodka macht, ist dann von Anfang des Mittellauf bis zum Ende des Nachlaufs permanent 78.3°C. Also alles innerhalb 1°C, hier entscheidet wirklich nur der Geschmack.

Für den Beginn des Mittellaufs spielt auch die geplante Lagerungszeit eine große Rolle. Feinbrand-Mittelläufe für holzfassgelagerte Brände werden grundsätzlich so abgetrennt, daß der gewünschte Geschmack NACH der Lagerung erreicht ist. Das bedeutet mit mehr Heads und Tails, da die Fasslagerung durch Verdunstung (bzw Diffusion) und Filterung diese mit der Zeit vermindert und verwandelt.
Übrigens: Der weiße ungelagerte Whiskey, den manche große Brennereien verkaufen, ist nicht der originale New Make, der sonst ins Fass wandert, sondern eine extra gebrannte Edition, die anders abgetrennt wurde.

Also wenn es heißt, bei Whisky oder Rum darf mehr Vorlauf oder Nachlauf mit in den Mittellauf, dann muss aber auch erwähnt sein, daß hierbei mehrmals gebrannt oder rektifizert wird und vor allem daß das nur durch die anschliessende luftige Lagerung sinnvoll und möglich ist.
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