Die Destillation von Schnaps

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RE: Hoher Alkoholgehalt bei Spontangärung
Von: Feingeist am 09.12.2016 15:30:31 | Region: Diaspora
Zum Eröffnungspost hat "der wo" in gewohnter Präzision und Qualität, alles gesagt, was es zu sagen gibt. Wobei "bullshit" ungewohnt war... "Mess"ergebnisse von Vinometern soll man nur verwenden, wenn man die (Fehler)-möglichkeiten kennt. Im Forum ist dies in aller Ausführlichkeit zigmal diskutiert worden. Die Suchfunktion sei ans Herz gelegt!
Zur Spontanvergärung:
Ich kann die Freude über eine gelungene Maische nach Spontanvergärung durchaus nachvollziehen. Einfach Mutter Natur machen lassen und es entsteht wie durch ein Wunder etwas Herrliches. Aber man sollte auch dran denken, dass das auch mal gehörig in die Hose gehen kann und aktiv dagegensteuern. Zum Beispiel einen zu hohen pH-Wert des Ausgangsmaterials absenken und damit in der Startphase der Gärung Lebensmittelverderben wie z.B. Fäkalkeimen das Leben schwer machen. Das muss ja nicht unbedingt durch Zugabe industriell hergestellter Produkte sein. Beispielsweise wussten noch unsere Vorfahren bei der Apfelweinherstellung, dass die Chance auf einen guten Most durch eine frühe Ernte, Auswahl saurer Sorten und die Zugabe von extrasaurem Speierling zu verbessert wird.
Was die Zugabe/Nichtzugabe von Reinzuchthefen anbetrifft, sieht das anders aus. Hier habe ich keine Chance, durch Wahl von Umgebungsparametern die "guten" Wildhefen auszuwählen oder zu begünstigen.
Natürlich kann man ein ganzes Hobbyleben lang Glück haben und man trifft auf freundliche "wilde" Hefestämme, die gute Ergebnisse in Alkoholausbeute und Geschmack bringen. Besonders gute Chancen hat man in Gegenden, in denen durch Selektion von Winzern und durch günstiges örtliches Klima solche Stämme in der Natur etabliert sind und sich auf den Früchten finden. Mikrobiologen von Firmen wie z.B. A....r WineYeast in Südafrika schwärmen regelmäßig weltweit in Weinbaugegenden aus, um "Wildstamm"-Hefen in der Natur zu suchen und zu selektieren; diese werden dann, nach unter Umständen jahrelangen Analysen, als Reinzuchthefen für teuer Geld vermarktet. Wer das Risiko (und u.U. Freude am guten, zufälligen Ergebnis) scheut und verlässlich ein gutes Ergebnis haben will, sollte zu Reinzuchthefen greifen. Vor allem bei Aufzuckerung gilt das, denn Wildstämme machen, neben anderen Nachteilen, meist bereits bei Alkoholgehalten von 9-10 Vol% die Grätsche.
Ich empfinde es auch als gewissen Widerspruch, wenn einerseits die Devise gilt "ich lasse der Natur unbedingt ihren Lauf", andererseits industriell hergestellter Rübenzucker zum Einsatz kommt. Ich weiß da im Übrigen genau, wovon ich spreche, denn seit vielen Jahren bin ich wissenschaftlich-beruflich mit Mikroorganismen, deren Vorkommen und Verhalten befasst. Ich persönlich tendiere zur verlässlichen Seite; es gibt für jeden Zweck die passende Reinzuchthefe. Turbohefen finde ich verzichtbar, vor allem die superschnellen, superalkoholtoleranten 48-Stunden-Dinger finde ich aus geschmacklichen Gründen unvorteilhaft. Und teuer! Warum muss es denn unbedingt so fix gehen, es darf doch ruhig drei-vier Wochen dauern bei Kaltgärung, lasst eine moderne Reinzuchthefe in Ruhe ihre Arbeit machen. Eine gute Weinhefe + Nährsalze (wo nötig) ergibt sozusagen auch eine "Turbohefe". Es kommt, ausser bei der Neutralalkoholproduktion, auch auf geschmacksbildende Nebenprodukte der Gärung an, nicht nur auf viel Alk! Viele moderne Weinhefen vertragen über 110 °Oechsle und 17-19 Vol% Alkohol, das reicht völlig, um eine stabile Maische zu bekommen, die man ohne Sorge lagern kann.
Das alles ist übrigens "IM BUCH" der Drs. Schmickl/Malle auf den Seiten 23-30 wunderbar und ausführlich nachzulesen!
Fazit: Jedem das Seine, aber bitte immer mit Wissen, was vorgeht ;-)
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